Wir treffen den österreichischen Schriftsteller in einem Café in der Nähe der berühmten Gare Saint Lazare, im Herzen des Musik- und Schriftstellerviertels des 19. Jahrhunderts. Im Januar hatten wir eine Rezension seines preisgekrönten Romans Die Hauptstadt anlässlich dessen Übersetzung ins Französische veröffentlicht. Die kommenden Wahlen kommen aber natürlich ins Gespräch, sowie die heutige politische Situation in Deutschland und Österreich.
Ihr Buch scheint von Anspielungen auf Musils Mann ohne Eigenschaften 1 durchzogen. Dabei vergleichen Sie das heutige Europa mit einem politischen Konstrukt, der Österreichisch-Ungarischen Monarchie, das in Musils Werk bereits zum Untergang verdammt ist. Ist das auch einigermaßen Ironie?
Ich halte diese Leseweise, immer wieder Musil in meinem Roman zu entdecken, für übertrieben. Nur weil dort eine Feier geplant wir zum Geburstag der Europäischen Kommission. Das alleine ist doch noch keine Parallele zu Musil. Bei Musil geht es ja um die sogenannte Parallelaktion.
Sie nennen es aber doch Jubiläum…
Na gut, aber wenn Sie einen runden Geburtstag feiern, ist das auch ein Jubiläum, ja, und es hat wohl nichts mit Musil zu tun!
Aber gewisse Parallelen gibt es doch: Musil beschreibt das letzte Jahr vor Kriegsausbruch, und schließlich den Untergang der Habsburger Monarchie. Nun, die Habsburger Monarchie kann man als Vorläuferin der Europäischen Union sehen. Sie war ja nichts anderes als ein gemeinsamer Markt, mit einer gemeinsamen Währung, multinational, ohne eigene Nationsidee, mit einer gemeinsamen Verwaltung und einem gemeinsamen Rechtszustand. Sie ist nicht untergegangen, weil sie nicht funktionierte, sondern sie ist untergegangen, weil die Nationalisten sie in die Luft gesprengt haben. Vor genau diesem Problem stehen wir heute wieder. Wir haben einen gemeinsamen Markt, eine gemeinsame Währung, eine gemeinsame Bürokratie, Ansätze eines gemeinsamen Parlamentarismus und einer gemeinsamen Demokratie, einen gemeinsamen Rechtszustand und -rahmen, und wir erleben eine Renationalisierung in Teilen der Europäischen Union. Wir stehen vor demselben Konflikt, der auch ein Todeskampf der EU sein kann, und ich bin der Meinung, dass genauso wie 1913-1914 die heute politisch Verantwortlichen Schlafwandler sind. Sie sehen das Problem nicht: Im Gegenteil, sie glauben, wenn sie das Problem verschärfen, das heißt wenn jeder seine eigenen nationalen Interessen verteidigt, dann werden sie das Problem lösen. Stattdessen verschärfen sie es aber, ununterbrochen. Das habe ich in dem Roman nicht so klar gemacht, weil ich vor allem erzählen wollte, wie die Menschen arbeiten und welche Widersprüche Sie in den Institutionen haben.
Es mag an das erinnern, was anlässlich Ihrer Rede im Europäischen Parlament 2, vor jetzt anderthalb Jahren geschah. Sie hatten in den ersten Minuten Ihrer Redezeit mit Ihrer Erinnerung an die Grundprinzipien und die Entstehungsgeschichte, auf denen das europäische Einigungsprojekt fußt, Applaus geerntet. Sie nahmen sich vor, konkrete politische Konsequenzen zu ziehen. „Welchen Sinn sollte eine übernationale Volksvertretung haben, wenn nicht diesen: Perspektivisch die nationalen Parlamente abzulösen?“, fragten Sie, und legten daraufhin eine kurze Pause ein. Das Publikum, unter dem sich viele [europäische] Abgeordnete befanden, schwieg. Ein paar Sekunden lang gab es überhaupt keine Reaktion. Dann betonten Sie, dass diese Idee auch Applaus verdiene, worauf der Applaus schließlich kam. Vorher wurde zwar dem anti-nationalistischen Ursprung des europäischen Projekts Beifall gespendet, aber in diesem zweiten Moment hat er gefehlt. Wie verstehen Sie das? Was haben Sie da gefühlt?
Er kam dann schon. Aber zwei Sachen sind in dem Zusammenhang interessant. Die erste ist: Es sind einige Abgeordnete hinausgegangen. Und ich glaube, dass dieser Moment wichtig war, da haben sich Menschen umgedreht, haben gefragt: „Was ist da los?” Mir ist nachher gesagt worden, es waren ungarische und polnische Abgeordnete. Und dann hat ein Abgeordneter zu mir gesagt: „Das war so ein Moment, so fast schockartig, weil im Grunde sind Sie ja genau dieser Meinung, aber es hat seit Jahren dies niemand so klar und kompromisslos gesagt.“ Mir haben mehrere Abgeordnete so nach und nach gesagt, dass es Ihnen wohltuend gewesen war, es war wohltuend gewesen, dass es einmal ausgesprochen wurde. Sie leiden immer wieder unter dem Image, dass sie eigentlich im schlechteren Parlament säßen, denn die wichtigen Parlamente sind die nationalen Parlamente, und man schickt diejenigen nach Brüssel oder Straßburg, die man innenpolitisch nicht so gut brauchen kann. Darum waren sie eigentlich erleichtert, sie dachten: „Er sagt es“, aber der Applaus war ja zeitversetzt.
Ich habe einige Abgeordnete kennengelernt. Im Europäischen Parlament arbeiten sehr engagierte, hochqualifizierte und politisch bewusste Männer und Frauen. Andererseits gibt es 750 von Ihnen, und es ist vollkommen klar, dass es dort alles Mögliche gibt, wie überall, wo viele Menschen zusammenarbeiten: Da gibt es Heilige, da gibt es Zyniker, da gibt es Karrieristen, da gibt es Faulpelze, da gibt es Kämpfer. Die Europäische Union ist ein menschengemachtes Ding, das muss man begreifen. Es ist ja so auffällig, wenn man mit Menschen über die EU redet, oder darüber, was europapolitisch notwendig sei, dass die meisten Menschen, fast alle, die EU als ein großes Abstraktum erleben. Es hat kein Gesicht für sie. Sie kennen mit Mühe und Not den Juncker; schon den Tusk würden sie auf einem Foto nicht erkennen! Es ist immer die EU, oder wieder ganz abstrakt: Brüssel. Brüssel will… Brüssel plant… Aber dass es von Menschen gemacht wird, und dass da Menschen in Verantwortung stehen, und dass es Interessengegensätze, Interessenskonflikte gibt, wie in jeder Gesellschaft, das sehen die nicht.
In ihrem Werk befürworten Sie den Sprung in eine neue europäische Dimension des Politischen. Zugleich beklagen Sie, dass die Institutionen der EU, dass die nationalen Machtverhältnisse das aktuell nicht zulassen. Es scheint übrigens klar, dass dieser Sprung fast nirgendwo mehrheitsfähig und demokratisch erreichbar wäre. Wie wollen Sie das konkret machen? Woher soll der Impuls kommen?
Ich glaube, wir müssen über unser Demokratieverständnis diskutieren. Wenn es eine Mehrheit gibt für Unvernunft, dann ist die Durchsetzung von Unvernunft nicht demokratisch, sondern unvernünftig.
Ich gebe ein ganz einfaches Beispiel. Wenn die Mehrheit einer Population sich die Todesstrafe wünscht, dann ist es falsch, sie wieder einzuführen, denn es muss das Menschenrecht eigentlich das höhere Gut sein. Nicht alles, was eine Mehrheit sich wünscht, ist deswegen legitimiert, das ist das eine. Das zweite ist, Demokratie erweist sich immer auch im Kompromiss mit den Minderheiten. Das heißt, wenn 40% eine weite Entwicklung der Europäischen Union wollen, 60% eine Stärkung der nationalen Souveränität, dann ist es die Aufgabe der politisch Verantwortlichen, der gewählten, zu sagen, wir können die Herausforderungen, vor denen wir politisch stehen, in nationaler Souveränität nicht bewältigen. Und wir müssen ein Kompromiss finden mit den 40%, die das verstehen. Es würde also nur bedeuten, man macht jetzt keinen großen Sprung, sondern man argumentiert für die Vernunft, und macht dann kleine Schritte. Und dann kommt noch etwas dazu: In dem Maß, wie eine falsche Entscheidung durch eine Mehrheit sich als unbrauchbar erweist, in dem Maß müssen die demokratischen Vertreter das auch klar machen, statt darauf immer zu insistieren: „Aber ihr habt es ja so gewollt!”. Man kann einem Kind, das im strengen Winter keinen Wintermantel tragen möchte, nicht sagen, wenn es erfriert: „Du hast es so gewollt!” Da muss der Erziehungsberechtigte sagen: „Du ziehst jetzt diesen Mantel an, weil du sonst erfrieren wirst.”
Das heißt, die Rolle des Technokratischen, des Bürokratischen, der Elite in einem gewissen Sinne ist in Ihrer Auffassung von Europa nicht verzichtbar…
Schauen Sie, was ist Demokratie? Demokratie ist der Fortschritt gesellschaftlicher Organisation im Geiste der Mündigkeit und der Vernunft. Da gibt es immer Rückschläge, aber wir sehen sie nicht. Dass es im Jahr 1918 3, wirklich eine Mehrheit gab für das Frauenwahlrecht, war nicht der Fall 4! Es haben nicht einmal hundert Prozent der Frauen es gewollt!
Es gab auch für die Abschaffung der Todesstrafe in Frankreich gar keine Mehrheit 5…
In jedem demokratischen System gibt es Interessengegensätze, die in die Frage münden, wie das Kräfteverhältnis sei. Wenn das Kräfteverhältnis trotz Minderheit eine notwendige politische Entscheidung erlaubt, dann kann man einen Schritt weiterkommen. Aber es ist vollkommen klar, dass die Mehrheit nicht völlig overruled werden darf. Es ist aber da genau was die Rechten, die Rechtsextremen und die Rechtspopulisten wollen. Sie glauben, wenn sie einmal die Möglichkeit haben, einen Hebel umzulegen, sind sie auch dazu berechtigt; auch wenn es 49% gibt, die das nicht wollen. Der Unterschied zwischen Demokraten und plebiszitären Demokraten ist ja genau der: Demokraten suchen Kompromisse, und in der plebiszitären Demokratie, in der Demokratie mit Volksabstimmungen, mit Ja-oder-Nein-Referenden, gibt es keine Kompromisse. Das ist ja das Problem: Dass die Rechten und Rechtsextremen kompromisslos sind. Eben das ist das Problem, und nicht, dass es noch keine Mehrheit gibt von denen, die sich eine weite Entwicklung der supranationalen Demokratie in Europa wünschen.
Aber glauben Sie nicht, dass eben das für viele Westeuropäer, nicht zuletzt für Franzosen, schwer zu begreifen ist? Deutschland und Österreich haben eine gewisse Erfahrung mit Koalitionen, kennen auch aus ihrer Geschichte das Gefahrenpotential der Volksabstimmungen 6, und das ist nicht überall der Fall. Die geschichtliche Entwicklung Frankreichs hat den Prinzipien, die Sie mit der plebiszitären Demokratie identifizieren, einen hohen Stellenwert eingeräumt.
Ich sehe das so: Wenn es Menschen gab, die bereits 1850 oder 1851 etwas für vernünftig gesehen haben, was im 21. Jahrhundert noch deutlicher als notwendig erscheint, dann muss man darauf vertrauen, dass man es argumentieren kann. Wenn sie Victor Hugos Essay für Europa lesen, finden Sie darin, dass die französische Nation nichts anderes war, als der Beschluss, verschiedene Provinzen zu einem gemeinsamen solidarischen Rechtszustand zusammenzuführen 7, und dass dies nicht das Ende der Geschichte ist! Warum sollten nicht dereinst alle europäischen Provinzen in einem gemeinsamen Rechtsrahmen leben? Das ist ja nichts anderes als die europäische Idee. Dass Victor Hugo damals bei seinen Lesern oder bei den Franzosen auch Kopfschütteln geerntet hat, ändert ja nichts daran. Einer hat es denken können. Und die Ironie der Geschichte ist, dass er dann Paris verlassen hat, und wohin ist er gegangen?
Nach Jersey…
Nein, zuerst nach Brüssel 8! Das ist doch lustig. Der hat gewohnt im Grand Place, genau gegenüber dem Haus, in dem Marx und Engels das kommunistische Manifest geschrieben haben. Jetzt sage ich Ihnen aber was: Die Idee mit der Zusammenfassung der europäischen Provinzen in einem gemeinsamen Rechtszustand finde ich vernünftiger, als die Idee vis-à-vis auf der anderen Seite des Platzes von der Diktatur des Proletariats!
Oft wird der Mangel an einer positiven Erzählung von Europa bedauert. Nationalisten machen mit dem, was sie ihre nationalen Romane nennen, sehr viel einfacher Stimmung. Mit Ihrem Buch schlagen Sie zwar eine Erzählung vor, aber sie gründet auf dem absolut negativen historischen Ereignis, der Schoah 9. Sehen Sie trotzdem die Möglichkeit einer solchen positiven Erzählung? Oder denken Sie im Gegenteil, dass ein supranationales Europa einer solchen positiven Erzählung entbehren sollte, wenn es die Nationen übertreffen will?
Man sagt immer: Vernunft ist kalt – und Emotionen, das haben die Rechten. Ich sage Ihnen, Vernunft ist kuschelig warm. Wenn ich in friedlichen, vernünftigen, gerechten Verhältnissen lebe, fühle ich mich besser aufgehoben als in der Aggression der Nationalisten. Das ist das eine. Das zweite ist, dass man nicht vergessen darf, dass das europäische Einigungsprojekt im Schock der Erfahrungen der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts begonnen wurde, im Schock der Erkenntnis, was Auschwitz war. Auschwitz als radikalste Konsequenz von Nationalismus und Rassismus. Damals ging es im Wesentlichen darum, Frieden herzustellen, Gerechtigkeit – also einen gerechten politischen Rechtsrahmen als Konsequenz einer historischen Erfahrung. Es ging auch um die gerechte Verteilung der für den Wiederaufbau wichtigen Güter, Kohle und Stahl; Kohle und Stahl sind ja nicht nur für die Kriegsproduktion, sondern auch für den Wiederaufbau wichtig gewesen. Es war eine Reaktion auf ganz frische historische Erfahrungen, und deswegen hat es auch funktioniert: Weil die Erfahrung ganz stark in den Köpfen war, und in den Herzen.
Das interessante ist, dass heute auf derselben Grundlage eine neue Erfahrung dazu kommt, und diese Erfahrung hatten die Gründer des europäischen Friedensprojektes noch gar nicht vorhersehen können: die Erfahrung, die wir heute mit der Globalisierung haben. Sie lautet: Wir sind im Zuge der Globalisierung mit der Tatsache konfrontiert, dass keine Nation alleine die damit verbundenen großen Herausforderungen bewältigen kann, die großen Probleme lösen kann. Wir haben heute die Erfahrung, dass alle unser Leben definierenden Phänomene längst nachnational sind, längst transnational, von der Wertschöpfungskette über die Finanzströme (die uns Probleme bereiten), den Steuerwettbewerb, die ökologischen Probleme, den Welthandel, Terrorismus und alle Sicherheitsfragen und so weiter. Ich möchte den Nationalisten sehen, der mir glaubhaft erzählen kann, wenn die Erderwärmung ein Problem ist, dann ist es das Problem der anderen Nationen, denn wir schließen die Grenzen und lassen die Erderwärmung nicht bei uns herein. Man kann das schon erzählen, und man kann auf diese Weise Emotionen wecken, auch Heiterkeit. Es ist ja nichts tödlicher für die Nationalisten, als wenn immer mehr Menschen über sie lachen.
Was ich denen vorwerfe, die jetzt in politischer Verantwortung stehen, ist ja nicht, dass sie keine Emotionen wecken können für die EU, wie sie ist; weil die EU, wie sie ist, doch Emotionen auslöst, nämlich Ärger. Sondern, dass sie nicht erzählen, worum es geht, sondern nur das Status Quo zu verwalten versuchen. Denn der Status Quo ist eine multiple Krise. Man darf ja nichts schönreden. Aber man muss erzählen, wie wir aus der Krise heraus können, und das können sie nicht, das können sie nicht.
Stichwort Globalisierung: Sie erzählen in Ihrem Roman von einem belgischen Ökonomen namens Armand Moens, von dem man im Nachhinein entdeckt, dass er nicht existiert hat, der aber trotzdem eine sehr glaubwürdige Erscheinung ist. Wie sind Sie auf die Idee gekommen, diesen Charakter zu erfinden? Was können Sie uns über ihn erzählen? Wer ist er?
beschäftigt. Wenn Sie mein Alter wissen, dann wissen Sie, dass ich in den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts geistig und intellektuell sozialisiert wurde. Die 70er Jahre waren die Glanzzeiten eines neuen Keynesianismus, die Glanzzeiten der europäischen Sozialdemokratie, also Willy Brandt 10, Olof Palme 11, Bruno Kreisky 12. Es wurden heftige Diskussionen über den Keynesianismus gehalten; konservative Parteien haben ihn natürlich bekämpft. Aber für mich war die Zeit schon prägend. Ich habe dann später, viel später, einen Mann kennengelernt, der Ökonomieprofessor in Wien war. Er hatte bereits in den späten 80er Jahren Keynes weiterdenken wollen – er sagte, wenn Keynes immer noch da wäre und die gegenwärtige Situation sehen würde, würde er ja weiterarbeiten. Versuchte man, das weiterzudenken, dann kam man zu einem zukunftsweisenden neuen Keynesianismus. Dieser Mann war in den späten 80er Jahren einer der ersten, der ein Konzept des bedingungslosen Grundeinkommens entwickelte. Er hatte schwere Probleme damals schon kommen sehen, was die Automatisierung und die Digitalisierung anging.
Und er hat daraufhin seine Professur verloren die Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens beziehungsweise auch die Idee einer europäischen Fiskalunion war damals ein Skandal, das galt als verrückt –, bzw. hat gekündigt und sich zurückgezogen. Er ist schwer krank geworden, und hat dann im Alter noch Medizin studiert, um sich selbst heilen zu können. Den Rest seines Lebens hat er als Arzt gearbeitet. Ich habe diesen Mann kennengelernt, und stundenlang seiner Geschichte gelauscht. Er war sehr verbittert, dass er damals mit seinen Konzepten auf überhaupt kein Echo gestoßen ist. Mittlerweile ist er meines Wissens tot. In einem letzten Gespräch, das wir zusammen hatten, hat er zu mir gesagt, er möchte auf seinem Grabstein ein Zitat von Keynes stehen haben. Ich fragte ihn welches, und er sagte: „Als ich am dringendsten gebraucht wurde, war ich vergessen“. Ich habe Ideen von Keynes, Ideen von Professor Schöpf 13, so hat er geheißen, und ein bisserl Fantasie zusammengemischt, so hat sich diese Figur zusammengestellt. Ich halte diese Figur, obwohl sie nur als Grab in dem Roman vorkommt, für sehr sehr wichtig.
Und sie erscheint auch als extrem wichtig in der Art und Weise, wie sie die Sachthemen einführt, die Ihnen am Wichtigsten sind.
Heute ist die Diskussion wieder aufgelebt. Das heißt: Wir diskutieren heute wieder, wenn auch noch nicht mit der Zustimmung der Mehrheit, aber immerhin, wir diskutieren über Deficit-Spending, über bedingungsloses Grundeinkommen, über die Konsequenzen der großen Transformationen der Arbeits-Produktions-Verhältnisse. Diese Diskussion ist ja wieder da. Und wo sie nicht geführt wird, das ist komischerweise an der Spitze unseres Zukunftsprojektes, nämlich der EU.
Die aber nicht unbedingt die Kompetenzen hat, nicht alle.
Sie können mit dem Diskutieren beginnen. Es wird weder in den Think Tanks der europäischen Kommission diskutiert, noch hört man von den Repräsentanten, sei es Juncker oder Tusk – Tusk ist überhaupt der Burgherr der Nationalinteressen – irgendetwas, was in diese Richtung ginge. Das ist ein Desaster für unser System. Und deswegen ist es auch so falsch, zu sagen, die europäische Union sei ein Elitenprojekt, weil in Wirklichkeit die produktiven Diskussionen zwei-drei Ebenen darunter stattfinden. Bei sehr vielen Initiativen, die wirklich Grassroot-Initiativen sind, passiert etwas Ähnliches. Es gibt an vielen Stellen in Europa Klubs von ehemaligen Erasmus-Studenten. Oft wurde ich dorthin eingeladen, und sie sagten mir immer: Uns braucht man Europa nicht erklären, aber wir wollen es auch nicht verlieren.
In Der Hauptstadt äußern Sie besondere Kritik an der deutschen Bundeskanzlerin und dem österreichischen Bundeskanzler [Sebastian Kurz, A. d. R.]. Die Europäische Volkspartei befindet sich gerade im Wandel. Wie sehen Sie die aktuellen Entwicklungen um Manfred Weber und die neuen öffentlichen Erklärungen Annegrets Kramp-Karrenbauer?
Kramp-Karrenbauer, Sebastian Kurz: Diese Politikergeneration ist die Avantgarde der Wiederkehr der Dinosaurier.
Aber Kurz gehört zur Erasmus-Generation… 14
Ja. Kurz gehört zur Erasmus-Generation. Ich hatte immer erwartet, dass eben diese Erasmus-Generation politische Verantwortung übernimmt, an die politischen Hebel kommt. Kurz, Sebastian Kurz, war der erste, der eindeutig aus dieser Generation kam. Nur: Er ist wahrscheinlich der einzige, der nie Erasmus gemacht hat.
Der war schon mit 20 Jahren in der Politik…
Sogar als Schüler! Er hat deswegen nie Erasmus gemacht, weil er Angst gehabt hat, dass, wenn er ein Jahr auf eine andere Universität geht, ein anderer Obmann der Jungen Volkspartei ist, wenn er zurückkommt! Er hat nie woanders studiert, und er hat das Studium zuhause nicht fertig gemacht 15.
Kurz ist das glatte Gesicht des Anscheins von mehrheitsfähiger Politik. Ich glaube – ich kann es ja nicht beweisen, aber ich glaube – dass Kurz in der Frühe immer die Meinungsumfragen liest. Wie ist die Stimmung? Wenn die Meinungsumfragen sagen, dass die Österreicher bereit sind, den Flüchtlingen zu helfen, dann sagt er: Das ist so schön, dass ihr so hilfsbereit seid, wir müssen versuchen, sie zu integrieren. Wenn aber die Stimmung umschlägt, sagt er sofort: Alle müssen deportiert werden, alle müssen raus, alle müssen zurückgeführt werden. Die Institutionen, wo Flüchtlinge ankommen und registriert werden, wurden in Österreich umbenannt, sie heißen jetzt Ausreiselager 16. Sie kommen dann gleich nach ihrer Ankunft in ein Ausreiselager! Was für ein Zynismus! Und die Leute in den Bierzelten jubeln, wenn sie das hören, das ist die ganze Politik.
Vorgestern hat er auf Macrons Essay geantwortet. Was mich so erzürnte, war, dass er in seiner Antwort geschrieben hat, die EU sei träge geworden, sie funktioniere nicht, und Kramp-Karrenbauer habe deswegen recht gehabt, als sie Macrons Vorschläge zurückwies. Gleichzeitig stellt er sich auch als Pro-Europäer dar: „Ich bin ja so pro-europäisch, aber es funktioniert halt nicht“ Das ist unfassbar! Wenn man jetzt weiß, dass er, bevor er Kanzler war, schon Außenminister war, und dass er als Außenminister schon Sitz und Stimme bei den Außenministertreffen des Europäischen Rates hatte… Damals hat er immer ein Veto eingelegt, gegen alles. Wurde über eine europäische Migrationspolitik diskutiert – das braucht man nicht, Veto. Braucht Europa eine gemeinsame außenpolitische Position? Veto, nein! Er hat immer ein Veto eingelegt. Und dieser Mann sagt, dass das System nicht funktioniere? Es funktioniert nicht zuletzt seinetwegen nicht.
Gleichzeitig glauben sie aber, dass sie die Mehrheitsinteressen verträten. Damit machen sie den Nationalismus stark. Deswegen nenne ich sie schlafwandelnde Dinosaurier. Kramp-Karrenbauer oder auch Sebastian Kurz ähneln in diesem Zusammenhang Orbán oder Kaczynski oder Salvini. Sie sind die Avantgarde der Wiederkehr der Dinosaurier! Und das ist besorgniserregend. Sie wissen es nicht, aber sie tun es: Sie produzieren künftige Misere.
Ein anderes charakteristisches Merkmal Ihres europäischen Romans ist der Gebrauch, den Sie von anderen Sprachen machen. Sie zitieren auf Englisch – also Euro-English -, aber auch auf Niederländisch, Französisch, Griechisch, Polnisch, oft unübersetzt. Was bedeutet für Sie diese Mehrsprachigkeit? Was ist für Sie die Sprache Europas?
Mir war klar, dass ich in irgendeiner Form, auf irgendeine Weise diese Vielsprachigkeit abbilden musste, und natürlich auf eine Weise, dass derjenige, der nur eine Sprache kann, das doch lesen kann. Es sind im Grunde Signale, die dem Leser ein Gefühl davon geben sollen, wie es in diesem Brüssel so zugeht. Der Anspruch, dass ein politisches Konstrukt eine einzige Sprache haben muss, ist ja der Anspruch der Nationalisten, und das ist ja relativ jung, das ist 19. Jahrhundert.
Die Idee einer Einheitssprache, die man mindestens als Lingua Franca verwendet, wurde aber auch immer wieder von Internationalisten vertreten: Nehmen Sie zum Beispiel Esperanto. Europa wird heute sprachlich vom Englischen dominiert, das ist eben kein neutrales Idiom. Sowie früher in Österreich-Ungarn Deutsch als Einheits- und Verwaltungssprache fungierte.
Es gab meines Wissens drei Amtssprachen 17, bzw. es gab in Regionen immer noch die Regionalsprachen, aber es gab vor allem in der Monarchie eine viel größere Selbstverständlichkeit, dass man drei bis fünf Sprachen sprach. In Galizien sprach man ganz selbstverständlich Jiddisch, Polnisch, Ukrainisch, Russisch, und dann noch Deutsch mit Blick auf Wien, das war normal. Die Nationalisten haben die Vielsprachigkeit zerstört, und wir haben jetzt große Mühe, dieses kulturelle Desaster, diesen Zivilisationsbruch wieder zu überwinden. Es gibt Menschen, die sich davor fürchten, dass Babylon ausbricht, aber in meiner Kenntnis ist das so, dass es genügen würde, wenn Menschen die Muttersprache ihrer Region, die des Nachbarn und eventuell noch eine dritte, sehr verbreitete große Sprache sprächen.
Ist Englisch also die Lösung?
Wissen Sie, was mir bei meinen letzten Brüssel-Besuchen aufgefallen ist? Als ich Freunde getroffen habe, die ich mittlerweile in der Kommission habe, und eine Gruppe zusammen gewesen ist, Leute, die aus verschiedenen Teilen Europas kamen, haben wir in der Regel Englisch miteinander gesprochen. Lustigerweise auch, wenn kein Engländer dabei war. Aber man hat Englisch gesprochen. Und wenn Engländer dabei waren erst recht. Jetzt kommt es immer öfter vor, dass wenn dieselbe Gruppe zusammenkommt, sie mit einem gewissen maliziösen Lächeln Französisch reden, auch wenn Engländer dabei sind, so nach dem Motto: Ihr seid ja jetzt praktisch weg! Französisch ist eine Kultursprache, die jeder dort kann. Nur ich habe ein Problem, weil ich leider Altgriechisch gelernt habe, statt Französisch.
Eines hängt besonders eng mit der Sprache zusammen, und das ist die Kultur. in Die Hauptstadt beklagen Sie die Unzulänglichkeit der europäischen Kulturpolitik, u. a. durch die Beschreibung, die sie von der DG Kultur der Europäischen Kommission machen. Wie stellen Sie sich eine europäische Kulturpolitik vor?
Ganz einfach: Kulturpolitik kann meines Erachtens nichts anderes sein, als Rahmenbedingungen für Kreativität zu produzieren. Kulturpolitik kann ja nicht sein, wie es in Österreich die Nationalisten wollen, dass man nur bestimmte Formen von Heimatkultur und Traditionen subventioniert. Es darf kein Einfluss auf Inhalte genommen werden, es müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden, in denen sich kulturelles Leben entfalten kann, und zwar in Vielfalt. Die Generaldirektion für Kultur und Bildung hat zum Beispiel massiv den französisch Film gefördert, weil sie sagen, französisches Kino sei ganz wichtig und bedeutsam in Europa, als europäischer Film, und, wenn er geschwächt werde, hätten wir nur noch amerikanische Blockbuster. Die Blockbuster kommen sowieso. Aber es ist wichtig, europäisches Kino zu fördern, und deswegen muss der französischen Film massiv gefördert werden, aber auch z. B. Filme aus osteuropäischen Ländern, die leider viel zu wenig Leute sehen, wenn sie nur bei Festivals gezeigt werden, wenn überhaupt. Es wird nicht gesagt: Wir fördern Filme, die das oder jenes zeigen, oder die dieses oder jenes europäische Thema ansprechen, sondern: Das europäische Kino ist wichtig, das französische Kino ist wichtig, wir fördern grundsätzlich europäisches Kino. Es geht um Rahmenbedingungen. Und es geht auch um den Schutz von Kreativität, von kreativen Äußerungen und Erscheinungen, die sonst von kulturlosem Mainstream überrollt würden. Viel mehr kann Kulturförderung nicht machen. Eine Kulturförderung, die ganz konkret inhaltlich eingreift, ist problematisch. Gleichzeitig haben wir mit europäischer Kulturpolitik ein Problem: Sie hat zu wenig Kompetenzen. Die Kompetenzen haben die Mitgliedstaaten. In Deutschland ist Kulturpolitik zum Beispiel nicht einmal national, sondern regional, Landessache; die Länder müssten Kompetenzen an den Bund abgeben, da könnte der Bund diese wieder an die EU abgeben… aber das ist doch sinnlos. Es ist vernünftiger, so wie in der Regionalförderung auch in der Kulturförderung vorzugehen, einfach in Hinblick auf die Produktion von Rahmenbedingungen.
Zum Schluss müssen noch einige Worte über jene andere wichtige Figur gesagt werden, die zwar keine Reden hält, aber trotzdem das Buch durchzieht, und zwar die Figur des Schweines. Was ist das Schwein, woher kommt es?
Das Schwein ist eine Metapher, und in meinem Roman vor allem eine Metapher für die inneren Widersprüche der europäischen Institutionen. Das Schwein ist als gesellschaftliche Metapher schon extrem widersprüchlich. Das Schweinchen ist herzig, das Schwein ist abstoßend. Es gibt das Glücksschwein, es gibt die Drecksau. Es ist das Lieblingsessen der Einen und das verbotene Essen der anderen. Es ist ein Beispiel für Klugheit, und gleichzeitig ist es was Dummes, das sich im Schlamm wälzt. Es ist alles gleichzeitig, auch politisch: Judensau, Nazischwein! Beide!
Ökonomisch und politisch zeigt das Schwein auch einen ganz konkreten Widerspruch in der EU. In der Kommission arbeiten die einen daran, dass die Schweineproduktion verringert wird, um den Preisverfall von Schweinefleisch auf dem Binnenmarkt zu stoppen. Sie zahlen Geld, sogenannte Stilllegungsprämien, damit Schweine nicht mehr gezüchtet werden. Gleichzeitig sitzen in derselben Institution Menschen, die Schweineproduktion fördern müssen, die Geld ausgeben müssen, damit noch mehr Schweine produziert werden, weil wir viel mehr Schweine für den Export auf den chinesischen Markt brauchen! Das heißt, sie arbeiten gleichzeitig an der Verringerung und an der Steigerung der Schweineproduktion. Und das ist für mich eine ideale Metapher für den Zustand der heutigen EU, für den inneren Widerspruch der Institutionen.
Fußnoten
- In seinem Hauptwerk Der Mann ohne Eigenschaften (1930) erzählt der österreichische Schriftsteller Robert Musil (1880-1942) von der Vorbereitung der sog. Parallelaktion, eines (fiktiven) Jubiläums zu Ehren des 70. Jahrestages der Thronbesteigung Kaisers Franz Joseph I., das im Jahr 1919 stattzufinden hätte.
- Zum Anlass des 60. Jahrestages der Römer Verträge wurde Robert Menasse eingeladen, am 21. März 2017 eine Rede vor dem Europäischen Parlament zu halten. Die damals von ihm verfasste Kritik der Europäischen Vernunft stellt das europäische Einigungsprojekt als radikale Antwort auf die zerstörerischen Erfahrungen der beiden Weltkriege dar, die letztendlich zur Überwindung der Nationalstaaten führen muss. Dabei behauptet Menasse, er vertrete durch seinen post-nationalistischen Ansatz nichts anderes als die ursprüngliche Absichten der Gründerväter und Vordenker der europäischen Gemeinschaften. Eine Videoaufnahme der Rede ist auf Youtube verfügbar.
- In Österreich wurde das allgemeine Wahlrecht für beide Geschlechter durch das Gesetz über die Staats- und Regierungsform von Deutschösterreich vom 12. November 1918 eingeführt, das als Gründungsurkunde der ersten österreichischen Republik gilt. Am 30. November desselben Jahres folgte in Deutschland eine ähnliche Reform. In beiden Fällen hatte nicht die ständige Volksvertretung, sondern ein Übergangsorgan (Provisorische Nationalversammlung Deutschösterreichs, Rat der Volksbeauftragten) die Änderung eingeleitet.
- Vgl. SCHASER Angelika, Zur EInführung des Frauenwahlrechts vor 90 Jahren am 12. November 1918, Feministische Studien 1, 2009.
- 62% der befragten Franzosen äußerten sich in einer Umfrage zu Beginn des Jahres 1981, in dem die Todesstrafe in Frankreich abgeschafft wurde, für ihren Erhalt.
- In Deutschland sind gemäß GG nur solche Volksentscheide auf Bundesebene zugelassen, die eine Neugliederung des Bundesgebietes betreffen. Dies wird oft damit begründet, dass Volksabstimmungen den Untergang der Weimarer Republik herbeigeführt und die Herrschaft der Nationalsozialisten begünstigt hätten. Diese These ist jedoch historisch umstritten.
- « Messieurs, si quelqu’un, il y a quatre siècles, à l’époque où la guerre existait de commune à commune, de ville à ville, de province à province, si quelqu’un eût dit à la Lorraine, à la Picardie, à la Normandie, à la Bretagne, à l’Auvergne, à la Provence, au Dauphiné, à la Bourgogne : un jour viendra où vous ne vous ferez plus la guerre […] Et ce jour-là, vous vous sentirez une pensée commune, des intérêts communs, une destinée commune ; vous vous embrasserez, vous vous reconnaîtrez fils du même sang et de la même race ; ce jour-là, vous ne serez plus des peuplades ennemies, vous serez un peuple. » „Meine Herren! Wenn jemand vor vier Jahrhunderten, als es noch Kriege zwischen Gemeinden, zwischen Städten, zwischen Provinzen gab, wenn jemand zu Lothringen, zur Picardie, zur Normandie, zur Bretagne, zur Auvergne, zur Provence, zum Dauphiné, zum Burgund gesagt hätte: Dereinst werdet ihr keine Kriege mehr gegeneinander führen […] Und an diesem Tag werdet ihr euch ein gemeinsames Denken, gemeinsame Interessen, ein gemeinsames Schicksal entdecken; ihr werdet euch umarmen, euch als Söhne des gleichen Blutes, des gleichen Geschlechtes anerkennen; an diesem Tag werdet ihr keine verfeindeten Stämme mehr sein, sondern ein einziges Volk.”
- Wenige Tage nach dem Staatsstreich vom 2. Dezember 1851 flieht der notorische Napoleonsgegner Hugo nach Brüssel, und kommt somit der Verhängung des Ausweisungsdekrets gegen ihn zuvor. Er verbringt dort neun Monate im Exil, bis seine weiterhin scharfe Kritik am französischen Herrscher ihn aus dem sich vor der Wut seines großen Nachbarn fürchtenden Königreich Belgien verbannen lässt. Er zieht anschließend nach Jersey, dann nach Guernesey.
- Der Holocaust gilt Menasse als Symbol und Ausgangspunkt des europäischen Nachkriegsgedankens, und wird in seinen Werken immer wieder thematisiert. Zudem soll er das absolute Übel demonstrieren, zu dem Nationalismus geführt hat. Um Auschwitz dreht sich ein ganzer Teil der Handlung seines letzten, preisgekrönten Romans Die Hauptstadt.
- 1913-1992, dt. Bundeskanzler 1969-1974 (SPD).
- 1927-1986, schwedischer Ministerpräsident 1969-1976 u. 1982-1986 (S), im Amt ermordet.
- 1911-1990, österreichischer Bundeskanzler 1970-1983 (SPÖ).
- Prof. DDr. Anton Schöpf, s. z. B. Publikationen hier.
- Sebastian Kurz wurde 1986 in Wien geboren. Nach Erlangung seiner Matura 2004 und einem Jahr Wehrdienst nahm Kurz ein Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Wien auf, das er jedoch vorzeitig abbrach. Seitdem hat er sich ausschließlich seinen politischen Tätigkeiten gewidmet. Er engagierte sich schon als 16- oder 17-jähriger Schüler (2003) in der Jugendorganisation der ÖVP, der JVP, dessen Obmann er zwischen 2009 und 2017 wurde. Er bekleidete bereits als 25-jähriger das Amt des Integrationsstaatssekretärs (2011-2013), fungierte später als Europa- und Außenminister (2013-2017), und schließlich als Bundeskanzler und Parteichef (2017-).
- Kurz hat das Studium nie abgeschlossen (s.o.), und ist somit zusammen mit Stefan Löfven (Schwedischer Ministerpräsident, ehem. Gewerkschaftler) der einzige Europarat-Mitglied ohne Universitätsabschluss (Stand Mai 2019).
- Oder genauer: „Ausreisezentren”. Die vom FPÖ-Mann und Innenminister Herbert Kickl herbeigeführte Umbenennung von Aufnahme- in Ausreisezentren hat im Februar 2019 für Schlagzeilen gesorgt und Empörung aus den Reihen der Opposition hervorgerufen. Vgl. Asylheime werden zu Ausreisezentren: Kickl baut das Asylsystem um, Kleine Zeitung, 25. Februar 2019.
- Eigentlich war die Situation etwas komplizierter: Neben der Hauptsprachen Deutsch und Ungarisch wurden diejenigen Sprachen auch in der Verwaltung (mindestens nach außen) in Gebrauch, die in der lokalen Bevölkerung üblich waren. So nahmen z. B. das Böhmische in Tschechien, aber auch das Polnische, Italienische, Ruthenische (Ukrainische) usw. einen wichtigen Platz ein.